Ein Geheimtipp unter Kühen
Fünf Uhr morgens, es dämmert bereits als die Sennerin ihre Milchkühe Glück, Gundi, Glöckerl und ihre Namenskollegin Anna in den Stall holt, die schon brav am Zaun gewartet haben. Im Trog gibt’s Kraftfutter für die Mädels, während Anna das Melkgeschirr zusammenbaut und das Benzinaggregat startet – Strom gibt es hier oben nämlich nicht! Während das Vakum gleichmäßig den Takt vorgibt, genießen die Kuhdamen ein paar Streicheleinheiten von Sennerin Anna.
Hauptsächlich sind Pinzgauer Rinder auf der Alm – eine für die Almwirtschaft typische, sehr widerstandsfähige und gutmütige Rasse - wenn´s nach mir geht die allerschönsten Kühe überhaupt! Während Anna die Milch zum Käsen einlabt, kuschle ich mit Stierkälbchen Girgl, der sich in den Stall geschmuggelt hat und es sichtlich genießt der Sommerhitze zu entfliehen. Wenn ich im nächsten Leben eine Kuh werde, dann möchte ich gerne zu Anna auf die Alm. Hier oben ist ein ganz besonderer Platz – egal ob für Vieh oder Mensch. Ein ganz besonderer Geheimtipp eben! Ich muss zugeben, ein bisschen Wehmut packt mich schon – habe ich doch selbst zwei Sommer hier oben als Sennerin verbracht.
Ich bewundere, wie liebevoll die Bischofsfelln Alm von Ihren neuen Besitzern, der Familie Bichler, renoviert wurde. Der Spagat zwischen der Umsetzung der behördlichen Auflagen (ja das gibt es auch für Almen!) mit allen technischen Finessen und der Erhaltung des ursprünglichen Charakters dieser sehr alten und kleinen Alm wurde perfekt gemeistert. Die beiden Töchter Anna und Lisa kümmern sich um Vieh und Bewirtung, wobei auf den Almen das Wohl der Tiere immer vorgeht. Wer zur Melkzeit am späten Nachmittag kommt, muss schon mal auf seine Brotzeit warten, bis die Kühe versorgt sind. Nebenbei hat Anna ein wachsames Auge auf die Herde und zählt die 60 Tiere täglich durch. Die Zäune müssen kontrolliert werden und auch die Weidepflege hat einen wichtigen Platz im Tagesablauf einer Sennerin.
Bevor Anna den Käsebruch abschöpfen kann, geht sich noch ein schnelles Frühstück vor der Alm aus. Den Tagesrhythmus geben die Kühe, das Wetter und die Gäste vor – und dennoch finden sich dazwischen immer wieder kurze, unbezahlbare Momente fernab der Zivilisation. Ich beobachte Anna, wie sie den Käsebruch abfüllt und den Käse vom Vortag schneidet, mit Kräutern würzt und in Öl einlegt. Während Anna sich noch schnell umzieht kommen auch schon die ersten Wanderer. Auch die Mountainbiker lassen nicht lange auf sich warten und haben sich das kühle Weißbier auf der steilen Zufahrtsstraße zur Alm hart erstrampelt.
Bis ca. Mitte September servieren Anna und Lisa täglich bis 20 Uhr almtypische Brotzeiten und Kuchen – Getränke gibt’s aber noch bisserl länger. Die Bischofsfelln Alm erreicht man zu Fuß am schönsten vom Parkplatz Kohlstatt bei Bergen in ca. 1,5 – 2 Stunden. Mit dem Mountainbike von Ruhpolding über die Urschlau und Eschlmoos in ca. 1,5 Stunden. Natürlich geht auch das zu Fuß – wird aber von den Einheimischen zu Recht als „Hatscher“ bezeichnet, weil die Strecke vom Dorf bis zur Alm über 20 km lang ist.
Auf die Alm zu gehen ist eine Leidenschaft – wer einmal einen Almsommer verbracht hat, den wird es immer wieder dorthin ziehen!
Sie möchten mehr zum Almsommer in Ruhpolding wissen oder Anna und Lisa sowie die vielen anderen Senner und Sennerinnen gerne besuchen? Dann schauen Sie doch mal >>hier