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Unterwegs mit: Wanderführer Stefan Birmoser

Stefan Birmoser ist ein wahrer Bergfex. Er liebt seine Heimat aus tiefstem Herzen und führt Gäste zu den schönsten Flecken. Das Nesslauer Almgebiet kennt er von klein auf. Eine morgendliche Wanderung, die auch ohne Murmeltiere in Erinnerung bleibt.
„Psssst, hört Ihr das?“ Stefan Birmoser bleibt stehen. Langsam blickt er über die Almfläche. Da wieder: ein lauter, markanter Pfeifton, fast schrill. Es ist ein Murmeltier, das seine Artgenossen vor uns Wanderern warnt. Zu sehen ist es nicht. Weit und breit kein Mankei. Stefan holt sein Fernglas raus, sucht konzentriert den Hang ab – und entdeckt nichts. Auch keine Gämse, die in den Abhängen oberhalb der Nesslauer Alm gerne herumturnen. „Eigentlich haben die Wanderer bei mir Mankei-Garantie“, sagt Stefan und ist fast ein wenig beleidigt. „Aber vielleicht haben wir weiter oben mehr Glück. Wer zuerst eines sieht, dem gebe ich einen Schnaps aus“.

Es ist frühmorgens, ein paar harmlose Wolken gebieten der Sommerhitze noch Einhalt. Die bunten Almwiesen sind von Tau überzogen, es duftet nach Bergkräutern und Blumen. Mit stetig gleichmäßigen Schritten setzt Stefan Birmoser seinen Weg fort, an der Almhütte vorbei und weiter Richtung Nesslauer Schneid. Der Steig ist Ortskundigen und erfahrenen Bergsteigern vorbehalten. Und solchen, die mit Wanderführer Stefan unterwegs sind. Er ist 73 Jahre alt – was man ihm überhaupt nicht anmerkt. Von klein an war er in den Bergen unterwegs, wie all seine Kameraden und Freunde auch. Seine Großtante war Sennerin auf der Nesslauer Alm. Er hat sie oft besucht. Wohl auch, weil sie für den schmächtigen kleinen Burschen immer ein besonders dick geschmiertes Butterbrot übrighatte.

„Es waren damals arme Zeiten, aber wir hatten trotzdem eine tolle Kindheit. Nach der Schule ging es nichts wie raus. Wir haben uns im Wald Indianerhütten gebaut. Wir hatten einen Lagerfeuerplatz und über dem Bach haben wir Seile zum Balancieren gespannt. Stundenlang haben wir mit Murmeln gespielt oder aus Holzstöcken eine Weihnachtskrippe gebaut. Langweilig war uns nie“, erzählt Stefan Birmoser unterm Gehen. Wer so aufwächst, ist geprägt und hat sein Leben lang große Freude an der Natur. Überall entdeckt der 73-Jährige etwas. Wilde Pfefferminze und fast schon verblühte Gamsblumen. Nur – es ist wie verhext - immer noch keine Murmeltiere.

Dass Stefan Birmoser Wanderführer wurde, verdankt er dem damaligen Ruhpoldinger Kurdirektor. Der ergriff die Gelegenheit beim Schopfe als Stefan in Rente ging und machte ihm den Vorschlag, wohlwissend, dass er keinen besseren finden könnte. „Mir hat es tatsächlich schon immer unheimlichen Spaß gemacht, den Leuten von der Kultur, den Tieren oder den Bergen zu erzählen“, sagt Stefan. Und so zeigt er seit 15 Jahren Gästen die schönsten Fleckchen seiner Heimat, von der Hörndlwand über das Sonntagshorn, den Seekopf bis zum Rauschberg und all den Almen. „Was gibt‘s schöneres, als wenn einem die Menschen sagen: Wenn du nicht wärst, dann wären wir hier nie rauf gekommen“. Das wundervollste Lob, das er je erhalten hat, kam von einem Hochzeitspärchen. Sie hatten im Ruhpoldinger Rathaus geheiratet und verbrachten auch gleich die Flitterwochen im Ort. Mit Stefan wanderten sie auf die Nesslauer Schneid und waren begeistert. „Wir haben Mankein gesehen und Gämse und sind auf der Alm eingekehrt. Ein rundum gelungener Tag. Zwei Wochen später bekam ich einen Brief von ihnen und sie schrieben, dass die Tour mit mir das schönste Erlebnis war. Schöner als die Trauung“.

Stefan bleibt stehen, schnauft kurz durch. Wir wischen uns den Schweiß von der Stirn und trinken einen Schluck. Um uns herum nur Stille, Bergstille. Die letzten Meter zum Nesslauer Gipfelkreuz sind anspruchsvoll und erfordern ein wenig Klettergeschick. Stefan kennt jeden Stein, jeden Tritt, bewegt sich völlig sicher im Gelände. Wie oft er heroben war? „Weit über 100 Mal bestimmt“, überschlägt er. Es ist einer seiner absoluten Lieblingsplätze, diese Schneid, die das Nesslauer und Thorauer Almgebiet voneinander trennt, im Hintergrund der Gebirgsstock des Hochfellns. Stefan setzt sich auf das Bankerl, genießt den Ausblick. „Ich bin schon in vielen Bergen gewesen, von den Dolomiten bis nach Norwegen. Aber Heimat ist Heimat. Da kann es woanders noch so schön sein“.

Zurück auf der Nesslauer Alm gibt es eine ordentliche Brotzeit für alle. Und Stefan erzählt weiter Geschichten. Vom den fast 100 Enziansorten, die es im Alpenraum gibt und das man aus einer gelben den Schnaps gewinnt. Von Holzknechten und ihrer mühevollen Arbeit und vom Schmuggeln. „Schwürzer hat man die Schmuggler genannt, weil sie ihr Gesicht mit Ruß tarnten, wenn sie Zigaretten und Kaffee verbotener Weise von Österreich über die Grenze brachten.“ Und natürlich von Murmeltieren, die bis zu neun Monate Winterschlaf halten können und ihre Schlafhöhle in rund sieben Meter Tiefe mit Gras auspolstern. Alle drei bis vier Wochen wachen die Tiere auf, um einen Toilettengang in einer separaten Kammer zu erledigen. Dass sich heute tatsächlich kein Murmeltier zeigt, wurmt Stefan. „Dann müssen wir die Tour einfach wieder gehen“, sagt er und gibt trotzdem eine Runde Schnaps aus. Denn auch wenn es seine letzte Saison als Wanderführer ist, seinen Bergen bleibt der Ruhpoldinger weiterhin treu.

Einmalige Naturkulissen entdecken?
Während der Wandersaison gibt es in und um Ruhpolding eine Vielzahl an geführten Themen-, Almen- und Bergwanderungen.

Die Termine dazu sind im Veranstaltungskalender gelistet.

 
 
 
 
 
 
10.09.2020
Kathrin Thoma-Bregar
 
 

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